Unsere moderne Welt bietet ausreichend Nährboden für unvorhergesehene Störungen, die zu katastrophalen Folgen führen können. Wir müssen uns zunehmend darauf einstellen, dass wir in unserer komplexen Welt immer häufiger mit den unterschiedlichsten Bedrohungen und komplexen Problemen* konfrontiert sein werden:
Naturkatastrophen, Pandemien, Hackerangriffe, Kriege oder die Bedrohung von Menschen durch KI: es gibt unzählige Ereignisse, die chaotische Situationen bewirken und uns aus unseren "Standards" aufschrecken lassen! Uns sollte bewusst sein, dass es unmöglich ist, alle Fehlentwicklungen, Gefahren und Ereignisse zu kontrollieren. Entsprechend wenig Nutzen besitzen Pläne.
Pläne sind zweifelsfrei wichtige Werkzeuge, um das Herangehen und Management von Veränderungsprozessen, Konflikten bis hin zu Krisen zu unterstützen. Allerdings beinhalten Pläne auch immer die Gefahr einer Schein-Sicherheit: wir müssen feststellen, dass unsere Pläne nicht ausreichen, um uns unbekannte und plötzlich auftretende Situationen zu kontrollieren.
Es ist daher zielführender Fähigkeiten zu identifizieren, die sich auf eine große Anzahl möglicher Ereignisse anwenden lassen.
Nashörner sind groß, schnell, aggressiv und vor allem - schwer zu ignorieren. In dieser Form sind sie vergleichbar mit den Gefahren unserer modernen Welt - potenzielle Krisenereignisse schreien geradezu danach, wahrgenommen zu werden, und werden dennoch oft ignoriert**.
Zum Beispiel Corona (2019ff): Als 2019 die Bilder in den Nachrichten gezeigt wurden, wie die Stadt Wuhan (China) flächendeckend aufgrund eines Virus desinfiziert wurde, sah die restliche Welt interessiert zu ohne die Gefahr zu erkennen. Kurze Zeit später hatte nicht nur jedes Land, sondern jede Stadt, jede Organisation ihre eigene Nashornherde... Denn diese weltweite Bedrohung war ebenso groß, schnell und aggressiv – und wurde zu lange ignoriert.
Aber auch unser eigenes Verhalten kann ein Nashorn sein - mal eben aufs Handy geschaut und die neuste Whatsapp gelesen oder Spotify aktiviert...? Mir ist die Gefahr zwar bekannt, aber mir passiert da schon nix... Ein riesiges Nashorn sitzt unmittelbar neben uns!
Die Menschen tendieren dazu Ereignisse wie auch das eigene, gefährliche Verhalten zu ignorieren oder Extremereignisse übermäßig zu analysieren, ohne Handlungen einzuleiten. Wenn ein "Nashorn" unmittelbar vor mir steht, interessiert es weniger, um was für ein „Nashorn“ es sich handelt. Vielmehr sollte man sich auf Fragen konzentrieren, wie sich das „Nashorn“ verhalten wird und wie ich mich selbst verhalten sollte, um die potenzielle Bedrohung zu verringern.
Es scheint, dass wir unser Bewusstsein für Gefahren verloren haben. Dabei ist es insbesondere in unser heutigen komplexen Welt ratsam, sich der Gefahren bewusst zu sein:
Wir müssen unser Situationsbewusstsein für Gefahren reaktivieren und stetig updaten... die Nashörner unserer komplexen Welt erkennen und verstehen!
* Rittel, H.W.; Webber, M.A. (1973): Dilemmas in a General Theory of Planning. Policy Sciences, 4, 155-169.
** Wucker, M. (2017): The Gray Rhino. How to recognize and act on the obvious dangers we ignore. St. Martin's Press.
*** Rubens, D.; Rüegger, S.; Greulich, J. (2023, im Druck): Strategic Risk and Crisis Management: A Handbook for Modelling and Managing Complex Risks. Kogan Page.